Bayern könnte Rechtsgeschichte schreiben! Bei der Etablierung der Rechte der Natur in Bayern, wäre Bayern Vorreiter in Europa, die immense Bedeutung der Natur für die Zukunft unserer Gesellschaft anzuerkennen. Damit würde ein Volksbegehren in Bayern Vorbild sein, für weitere Volksbegehren, Gerichtsentscheidungen und Gesetzgeber in ganz Europa. Die Natur bekommt eine eigene Stimme, die durch Bürger geltend gemacht werden kann und durch Gerichte abgewogen wird.
Naturzerstörung macht auch in Deutschland
nicht halt. Sie reicht von Insektensterben über Waldsterben hin zu
Wasserverunreinigungen. Die Probleme sind nicht nur zahlreich, sondern
auch direkt vor der eigenen Haustür angekommen. „In Bayern ist es so,
dass nur 14,5 Prozent der Flüsse, die auf die Wasserrahmenrichtlinie
geprüft wurden, einen guten ökologischen Zustand aufweisen (1).“ Auch
Bayerns Gletschern geht es an den Kragen: „Dreiviertel der
Gletschermassen Bayerns sind in den vergangenen 200 Jahren verschwunden“
(2). Drei der fünf deutschen Gletscher gelten als extrem gefährdet.
Die Population von Insekten ist in einem Zeitraum von 27 Jahren bis 2016
um ca. drei Viertel gesunken (3). Insekten dienen in der Nahrungskette
als Grundlage des Überlebens für viele weitere heimische Arten. Von den
75 in Bayern heimischen Fischarten sind sieben ausgestorben und 33
stark gefährdet oder gefährdet, über die Hälfte insgesamt (4). Zudem
ist nur noch rund ein Viertel der Waldbestände ohne Schäden in 2019 (5).
Aufgrund dieser vielfältigen
Einwirkungen des Menschen auf die Natur in Bayern bedarf es einer
Rekalibrierung der Beziehung zwischen Menschen und Natur. Momentane
rechtliche Ansätze zur Bewältigung der Probleme, scheinen nicht zu
fruchten. Bis 2027 sollten die Gewässer der Wasserrahmenrichtlinie der
EU entsprechen, wobei bei jetzigem Vorgehen kaum Fortschritte
dahingehend gemacht wurden. Auch bezüglich der diversen anderen Probleme
sind viele Lücken zu schließen. Insbesondere ist aufgrund des letzten
Volksbegehrens ein Maßnahmenpaket entschieden worden, welches, laut
Monitoring durch die HfWU, nicht den Versprechungen genügt (6). Momentan
wird die Natur rechtlich als Eigentum gesehen und nur durch punktuelle
Einschränkungen des Eigentumsrechts geschützt. Ein Herauslösen der Natur
aus dieser Subordination kann durch die Rechte der Natur erreicht
werden.
Natur würde legitim auf einer
Stufe mit dem Eigentumsrecht in Ausgleich gebracht werden. Aus Verbot
wird somit berechtigter Ausgleich von Interessen, eine Entwicklung
ähnlich wie die der Arbeitnehmerrechte. Eine umfassende Lösung
kultureller, gesellschaftlicher und insbesondere wirtschaftlicher Art
kann durch die Angleichung der grundrechtlichen Werteordnung hergestellt
werden.
Die Initiative „Rechte der Natur
– Das Volksbegehren" kann genau diese gesellschaftliche und kulturelle
Transformation anstoßen. Drei Elemente bestimmen die Rechte der Natur
in dem Volksbegehren. Erstens, dass die Natur eine rechtliche Fiktion
erhält, angelehnt an die bereits etablierte juristische Person
(Unternehmen, Vereine etc.) Zweitens, jeder Bürger kann die Rechte der
Natur direkt oder indirekt geltend machen. Letztens, dass die Natur eben
jene Rechte erhält, die es für den speziellen Fall erhält, in Anlehnung
an die wesensmäßige Anwendbarkeit des Art. 19 III GG (Vögel haben
Vogelrechte, Wälder Waldrechte etc.) Demnach könnte die Natur rechtliche
Schritte gegen Verletzungen ihres Rechts einleiten, die auch zu ihrem
Vorteil ausgeglichen werden müssten (7).
Die Rechte der Natur ist das rechtliche Werkzeug der Bevölkerung ihre
eigene Lebensgrundlage vor weiterer Zerstörung zu bewahren. Die Folgen
können somit auch flächendeckend und umfassend zum Schutz der Natur
führen. Großprojekte und auch kleinere Aktivitäten werden in einen
Ausgleich der Interessen gebracht. Gesetzesvorhaben müssen wie auch
bisher Gesetzeskonform alle Interessen wahren und den Kern der
Grundrechte unangetastet lassen. Rechtlich sind die Rechte der Natur
keine Neuheit. Es gibt bereits fiktive juristische Personen mit
entsprechenden Rechten. Richter können sogar Interessen der Unternehmen
auswerten und Vorstände danach verpflichten zu handeln.
Europa hinkt hinterher. Rechte der Natur wurden auch im Jahre 2008 in
Ecuador in die Verfassung geschrieben. In Australien haben Flüsse
bereits eigene Rechte erlangt. In Indien hat das Verfassungsgericht
Gletschern und Flüssen Rechte zugesprochen. In Bolivien wurden die
Rechte der Natur einfachgesetzlich durchgesetzt. Sogar in Gemeinden in
den USA gibt es bereits die Rechte der Natur. Das Geburtszentrum der
Demokratie und der Liberalen Freiheiten: Europa, zeigt bisher noch keine
nennenswerten Fortschritte in die Richtung der Etablierung der Rechte
der Natur.
Durch “Rechte der Natur – Das Volksbegehren“ gilt es, die Idee in das
Herz Europas zu bringen und durch Bürgerinitiative durchzusetzen. Eine
parlamentarische Lösung erscheint auch wegen starker entgegenstehender
finanzieller Interessen als langwierig und wohl nur schwer erreichbar.
Gerichtlich gibt es Möglichkeiten die Rechte der Natur voranzutreiben,
wobei das Thema noch nicht genügend Aufmerksamkeit und rechtliche
Begutachtung erlangt hat, um von einem gerichtlichen Urteil zur
Erkennung der Rechte der Natur auszugehen. Das Volksbegehren bietet die
einzigartige Chance, der Bevölkerung den Umweltschutz an die Hand zu
geben. Durch diesen Prozess wird der gesellschaftliche Wandel durch
Recht gefördert und von der Bevölkerung vorangetrieben.
Die durch die Rechte der Natur neu etablierte Werteordnung wird zu
einem immer steigenden Umweltbewusstsein und -Schutz führen. Kultur,
Gesellschaft und Wirtschaft werden durch die Werte- und Rechtsordnung
geleitet und entwickelt sich im Rahmen dessen weiter. Es ist eine
Einladung an die liberale Gesellschaft die Erhaltung ihrer
Lebensgrundlage bei Wahrung ihrer eigenen Rechte zu Erhalten.
Fortschritt hin zu einer Ökologischen Gesellschaft wird durch die
Anerkennung des Wertes der Natur erreicht. Etablierung der Rechte der
Natur ist der erste Schritt in eine demokratische, liberale und
nachhaltige Gesellschaft.
(1) Wolfgang Hug, den Wildflussexperten des WWF;
https://www.br.de/nachrichten/bayern/bayerns-langsamer-weg-zu-einer-hoeheren-gewaesserqualitaet,S3Zv6x1
(2) https://www.br.de/klimawandel/gletscher-bayern-alpen-schmelzen-klimawandel-100.html
(3) Caspar A Hallmann and others, ‘More than 75 Percent Decline
over 27 Years in Total Flying Insect Biomass in Protected Areas’ (2017)
12 PLOS ONE.
(4) https://www.sueddeutsche.de/bayern/naturschutz-heimische-fischarten-rote-liste-aussterben-1.4266723
(5) Waldzustandserhebung in Bayern
https://www.stmelf.bayern.de/mam/cms01/wald/waldschutz/dateien/waldzustandserhebung_2019_web.pdf
(6) https://volksbegehren-artenvielfalt.de/wp-content/uploads/2020/07/HfWU-Pressekonferenz_Handout_16.07.2020.pdf
(7) Christopher Stone, ‘Should Trees Have Standing ? – Toward
Legal Rights for Nature’ (1972) 45 Southern California Law Review 450.
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