Volksbegehren Thüringen

Was bedeutet die im Rahmen einer Bürgergesetzgebung angestrebte Änderung des Artikels 3 Absatz 2 der Verfassung von Thüringen?

Mit der vorgeschlagenen Neufassung dieses Artikels wird die Rechtssubjektivität der natürlichen Mitwelt grundsätzlich anerkannt und direkt auf Inhalt und Grenzen der allgemeinen Handlungsfreiheit bezogen.

Daraus ergeben sich zwangsläufig Inhaltsbegrenzungen anderer Grundrechte (soweit sie als Ausformung der allg. Handlungsfreiheit zu verstehen sind), darunter z.B. die Eigentumsgarantie.

Mit der bloßen Neufassung des Artikels 3 Absatz 2 der Verfassung von Thüringen wird also ein Prozess in Gang gesetzt, bei dem der einfache Gesetzgeber, die Exekutive und die Gerichte zu neuen Inhaltsbestimmungen aller relevanten Grundrechte (einschl. Eigentum) gelangen, ja gelangen müssen. Es braucht daher keiner besonderen Einklagbarkeit von Rechten der natürlichen Mitwelt und/oder der treuhänderische Wahrnehmung ihrer Interessen.

Dies heißt freilich nicht, dass dies unnötig oder gar unsinnig wäre. Einzelne Gesetze (Naturschutz, Wald, Pflanzenschutz etc.) z.B. können Treuhandklagen oder Treuhandanwaltschaften ausdrücklich vorsehen. Aus rechtspraktischen Gründen kann dies sehr sinnvoll sein.

Nur sind Treuhandschaft und Naturanwälte keine unabdingbare Voraussetzung dafür, der Neufassung des Art. 3 Absatz 2 volle Geltung für eine Ökologisierung des Rechts insgesamt zu verschaffen.

Genauso wie individuelle Freiheitsausübung nur im Rahmen der gleichen Rechte der Mitmenschen möglich ist, kann sie sich nur im Rahmen der Rechte der natürlichen Mitwelt vollziehen. Die Anerkennung der Rechtssubjektivität der natürlichen Mitwelt ist somit Ausdruck eines Freiheitsbegriffes der die objektive bestehende ökologische Eingebundenheit des Menschen reflektiert. Rechtspraktisch bedeutet dies, daß es fortan kein Recht auf Naturausbeutung mehr gibt, sondern lediglich ein Recht auf ökologisch nachhaltige Nutzung.