Wie versprochen, veröffentlichen wir hier die deutschen Übersetzungen unserer Beiträge zu den 12. Dialogen der Vereinten Nationen am 24.04.2023:
12th Interactive Dialogue of the General Assembly on Harmony with Nature to Commemorate International Mother Earth Day – 24 April 2023
Panel 2. On the Scope of an Earth Assembly
Präsentation Hans Leo Bader
Ich fühle mich geehrt, im Rahmen der 12. Dialoge der UN-Generalversammlung einen Beitrag zum Rahmen eines Erdgipfels zu leisten – in dem ich unsere regionale Initiative zur Verankerung der Rechte der Natur in der bayerischen Verfassung in Deutschland vorstelle.
Mein Name ist Hans Leo Bader, ich bin Stadtplaner und entwickle ökologische Wohnkonzepte.
Ehrenamtlich engagiere ich mich in der ältesten und größten deutschen Bürgerstiftung für den Umweltschutz, der Deutschen Umweltstiftung, als stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes. Wir bieten Bürgern eine fundierte Plattform, um sich für ökologische Belange einzusetzen, und das so weitgehend wie möglich wissenschaftlich begleitet.
Was unsere Initiative zum Kampf für die Rechte der Natur betrifft:
Generell sind die Rechtsordnung und die Werte, für die eine Gesellschaft steht, eng mit der Verfassung eines Landes verbunden. Mit Respekt, bezogen auf das Bundesland Bayern und Deutschland gegenüber: Die aktuellen Rechtssysteme, die sich aus dem Grundgesetz ableiten, schützen jedoch vor allem Individual- und Eigentumsinteressen – und ignorieren ökologisches und nachhaltiges Leben.
Als Projektentwickler bin ich seit Jahrzehnten mit der harten Realität konfrontiert, dass es heute im engeren Sinne illegal ist, ökologisch nachhaltige Gebäude zu entwickeln und zu bauen. Allein das stellt schon eine extreme Hürde für Deutschland dar, Nachhaltigkeitspläne sinnvoll umzusetzen.
Ich komme aus Bayern und wie viele von Ihnen wahrscheinlich wissen, ist Bayern auch für sein Bier berühmt. Es wird professionell mit dem Hinweis auf das seit dem 16. Jahrhundert bestehende Reinheitsgebot beworben. Die vorherrschende Meinung ist, dass damit die QUALITÄT des Bieres gesetzlich gesichert ist. Doch das ist schlichtweg nicht wahr. Dieses Gesetz regelt nur, was im Bier enthalten ist, nicht aber dessen Qualität.
Dies sind nur zwei Beispiele von vielen in unserem Rechtssystem, die zeigen, dass unser Rechtsrahmen in seinen Wurzeln keine ökologischen Aspekte enthält und wir lernen müssen, neu und ökologisch ganzheitlich zu denken und zu handeln.
Ziel der Initiative in Bayern ist es, die gesetzlichen Grundlagen in einen Veränderungsprozess im Sinne einer ökologischen Anerkennung der Rechte der Natur zu führen und die Zivilgesellschaft in diesen Prozess einzubinden.
Die Verfassung eines Landes bestimmt nicht nur den rechtlichen Rahmen einer Gesellschaft, sondern spiegelt auch das Werteverständnis wider, für das die Bürger stehen. Veränderung braucht vor allem auch den Willen und den positiven Mut der Zivilgesellschaft!
In dem gegebenen wirtschaftlichen und geopolitischen System der wechselseitigen Abhängigkeiten fällt es selbst sehr engagierten Regierungen schwer, die notwendigen Veränderungen zu wagen. Unsere Bürgerinitiative wendet sich hier an die Behörden. Damit spreche ich auch als Teil des “Netzwerks Rechte der Natur – Deutschland". Dieses Netzwerk arbeitet an einer Weiterentwicklung hin zu ökologischer Ökonomie und ökologischem Recht.
Auf internationaler Ebene freuen wir uns über die weltweiten Entwicklungen und zuletzt über die europaweit erste Anerkennung der Lagune Mar Menor in Murcia, Spanien, als erste Rechtsperson, die als Subjekt mit Rechten anerkannt wurde. In diesen Tagen blicken wir auch mit großer Neugier nach Polen, wo man sich für die Möglichkeit der Anerkennung der Rechtspersönlichkeit der Oder einsetzt.
Unsere Initiative ist nicht nur in Bayern, sondern auch in anderen Bundesländern im Gange, mit dem Ziel, in allen Bundesländern tätig zu werden.
Die Unverzichtbarkeit und die Durchsetzung der Menschenrechte hängen von unserer aktiven und verantwortungsvollen Achtung der Interessen des Systems Erde ab. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, die Rechte der Natur nicht nur in unser Rechtssystem, sondern in alle Systeme zu integrieren. Daher wäre ein künftiger Erdgipfel von unglaublichem Wert.
In unserer Bewegung ist der Kampf für die Rechte der Natur ein entscheidender Baustein für den ökologischen Umbau. Mit unserer Initiative in Deutschland haben wir zwei Netzwerke gebildet: Ein zivilgesellschaftliches Netzwerk und ein akademisches Netzwerk. Und da gerade das Recht das Fundament einer Gesellschaft bestimmt, ist uns eine konsequente wissenschaftliche Begleitung und Kontrolle der Initiative wichtig.
Und da wir davon überzeugt sind, dass es von größter Wichtigkeit ist, eine Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Politik zu schaffen, sucht unser Netzwerk nun auch den Austausch mit Politikern und Entscheidungsträgern, wie etwa Vertretern des Bundesumweltministeriums.
Unsere Initiative wurde durch eine rechtliche Einordnung unterstützt, die von einem Team der Universität Kassel unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Fischer Lescano verfasst wurde. Ich bin stolz darauf, dass Elena Ewering aus diesem Team den wissenschaftlichen Teil präsentieren wird.
2. Teil – Schlusswort nach Diskussion:
Auch wenn wir stolz darauf sind, dass wir eingeladen wurden, unsere Basisinitiative zu vertreten, erkennen wir die kalte Stimme der Politik: Seien wir ehrlich – die Natur ist völlig frei von Politik. Für die sogenannte Natur zu kämpfen ist anthropozentrisch. Die Natur braucht den Menschen nicht. Also: Entweder wir schaffen es gemeinsam oder wir machen es gemeinsam kaputt.
12th Interactive Dialogue of the General Assembly on Harmony with Nature to Commemorate International Mother Earth Day – 24 April 2023
Panel 2. On the Scope of an Earth Assembly
Elena Ewering | Research Assistant, and Ph.D. candidate, Institute Just Transitions
Ich danke Ihnen für die Gelegenheit, heute vor Ihnen sprechen zu dürfen.
Mein Name ist Elena Ewering, ich bin Teil des deutsch-ecuadorianischen Forschungsprojekts “Natur als Rechtsperson" der Universität Kassel und des Instituto de Altos Estudios Nacionales unter der Leitung von Prof. Andreas Fischer-Lescano und Prof. Alex Valle Franco.
Rechte der Natur sind weltweit und nicht zuletzt seit der Anerkennung des Mar Menor als Rechtssubjekt auch in Europa eine rechtliche Realität. In Deutschland ist der Umwelt- und Tierschutz als Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen worden, der Natur werden jedoch keine subjektiven Rechte zugestanden. Rechte der Natur sind ein Novum in der deutschen Rechtsordnung.
Die Diskussion um die Rechtssubjektivität der Natur ist aber auch für Deutschland nicht neu. Bereits 1988 haben die Seehunde der Nordsee vor einem deutschen Verwaltungsgericht geklagt. Die so genannte Seehundklage wurde jedoch wegen Unzulässigkeit abgewiesen, da die Rechtsordnung – so das Gericht – nur den Menschen als Rechtssubjekt anerkennt. Nichtsdestotrotz ist der rechtswissenschaftliche Diskurs über die Rechte der Natur seither in der Öffentlichkeit präsent. Besonders in den letzten Jahren hat die Diskussion auf verschiedenen Ebenen an Dynamik gewonnen. In der Tat haben die Rechte der Natur mehrfach Eingang in die Argumentation der deutschen Rechtsprechung gefunden. So wurde dem Europäischen Gerichtshof kürzlich von einem deutschen Landgericht unter anderem die Frage vorgelegt, inwieweit das Unionsrecht für Rechte der Natur offen ist.
Ein Kernelement des sehr breiten akademischen Diskurses ist die Frage, ob und wie die Rechtsfähigkeit der Natur anerkannt werden kann. Als Beispiel möchte ich zwei rechtswissenschaftliche Ansätze vorstellen: Prof. Jens Kersten schlägt vor, “ökologischen Personen" die Grundrechtsfähigkeit zuzuerkennen, wie dies bei inländischen juristischen Personen bereits der Fall ist (Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz). Dies würde freilich eine Verfassungsänderung erfordern. Prof. Andreas Fischer-Lescano zeigt dagegen, dass natürlichen Personen durch eine systematische Auslegung des Grundgesetzes bereits heute Grundrechtsfähigkeit zuerkannt werden kann. Dies zeigt, dass die deutsche Rechtsordnung bereits heute für die Rechte der Natur offen ist.
Ein Höhepunkt der letzten Jahre ist das bayerische Volksbegehren zur Aufnahme der Rechte der Natur in die bayerische Verfassung. Dieses Volksbegehren könnte der Durchbruch sein, um die Rechte der Natur in Deutschland zu verwirklichen. Natürlich wirft dies verschiedene dogmatische Fragen auf. Von der Frage der Gesetzgebungskompetenz bis hin zur Vereinbarkeit mit den Menschenrechten wird der Vorschlag des Volksbegehrens Hürden überwinden müssen, die aber nicht unüberwindbar sind. Als Forschungsteam wollten wir das Volksbegehren von Hans Leo unterstützen, indem wir ihm rechtlich fundierte Argumente für sein Anliegen liefern. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Zivilgesellschaft und Wissenschaft voneinander profitieren können.
Der Erfolg von Bewegungen in anderen Ländern und die Arbeit von nationalen und internationalen Netzwerken zeigen, dass Forscher, wie z.B. Rechtswissenschaftler, der Zivilgesellschaft helfen können, ihre Vision durch evidenzbasierte Beratung zu erreichen. Aus diesem Grund hat das Netzwerk Rechte der Natur Deutschland neben dem zivilen Netzwerk auch einen interdisziplinären akademischen Zweig eingerichtet. Ein hervorragendes Beispiel dafür, wie durch die Verbindung von Zivilgesellschaft und Wissenschaft ein Paradigmenwechsel erreicht werden kann, ist die Anerkennung der Rechte der Natur in der ecuadorianischen Verfassung.
Alles in allem bleibt festzuhalten, dass die Rechte der Natur auch die Chance für Deutschland sind, sich der ökologischen und sozioökonomischen Krise unserer Zeit zu stellen. Nur wenn wir menschliche und nicht-menschliche Bedürfnisse gleichermaßen berücksichtigen, können wir das Ziel eines erdzentrierten Paradigmas erreichen. Ein Erdgipfel wird uns diesem Ziel näher bringen.
Vielen Dank
Das Crowdfunding für das geplante Buch des Herausgebers Matthias Kramm ist erfolgreich beendet worden und befindet sich “in Produktion".
Das Erscheinungsdatum ist der 7. Dezember 2023.
Wir bedanken uns bei allen Unterstützern, die dieses Projekt möglich gemacht haben!
Einer der wichtigsten Punkte, der uns in Zukunft laufend beschäftigen wird, ist die Finanzierung des angestrebten Volksbegehrens.
Die Kosten, die bei Annahme des Antrags auf das Volksbegehren auf uns zukommen, liegen im mittleren 6-stelligen Bereich.
Der Antrag kann also nur dann eingereicht werden, wenn sichergestellt ist, dass wir diese Kosten entsprechend finanziert haben.
Auch bei den jetzt schon laufenden Kosten sind wir auf jegliche mögliche Unterstützung angewiesen und freuen uns darüber!
In unserem ONLINE-Shop können Sie aus unterschiedlichen Unterstützungsoptionen wählen und so dem Projekt effektiv zum Erfolg verhelfen.
Vielen Dank
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