Am 17. Oktober 2025 wurde beim Umweltministerium NRW und der Bezirksregierung Arnsberg eine Eingabe nach § 13 VwVfG NRW eingereicht. Sie fordert eine verfassungsgeleitete Prüfung laufender Erdbewegungen und Eingriffe am Tagebau Hambach – insbesondere im Bereich Manheimer Bucht / „Sündenwäldchen“ – auf Vereinbarkeit mit der Schutzpflicht aus Art. 20a GG.
Vom Schutz der Natur zur verfassungsgebundenen Vorsorge – präventiv, nicht erst nach dem Schaden.
Die Eingabe beansprucht kein subjektives Klagerecht, sondern aktiviert eine objektive staatliche Pflicht: Art. 20a GG als Prüfauftrag für die Verwaltung. § 13 VwVfG NRW öffnet das Beteiligungsfenster, damit ökologische Integrität präventiv im Vollzug gespiegelt wird.
Mit Schreiben vom 24. Oktober 2025 reagierte die Bezirksregierung Arnsberg auf die Eingabe. Sie betont den Stellenwert des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen und verweist darauf, dass in der Zulassung des Hauptbetriebsplans Hambach (20. 12. 2024) mehrfach auf Art. 20a GG und die Klimaschutz-Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bezug genommen wurde.
Gleichzeitig stellt die Behörde klar, dass sie auf dieser Grundlage keine rechtliche Möglichkeit für ein Aussetzen der Arbeiten sieht und die RWE Power AG auf die Bestandskraft der Genehmigung vertrauen dürfe.
Am 10. 11. 2025 leitete das Umweltministerium NRW die zweite Erweiterung zuständigkeitshalber an die Stadt Kerpen weiter (CC: Sabina Rothe, Helmut Scheel). Damit wird der Prüfimpuls erstmals sichtbar in den kommunalen Vollzug überführt.
Der Restwald am Tagebau Hambach macht sichtbar, wie unterschiedlich strategische Klimaklagen und die Systemische Rechtsentwicklung im selben Konflikt wirken und sich gegenseitig ergänzen können.
Auf der einen Seite steht die Verbandsklage des BUND gegen den Hauptbetriebsplan von RWE. Sie versucht mit klassischen Mitteln der Verbandsklage im Naturschutzrecht, die weitere Rodung zu stoppen und gerichtliche Grenzen für den Konzern und das Land Nordrhein Westfalen zu markieren. Das OVG Münster lehnt den Eilantrag ab, die Rodung beginnt wenige Tage später. Juristisch wichtig, politisch sichtbar, aber für den Wald kommt das Signal zu spät.
Parallel dazu setzt die Systemische Rechtsentwicklung am selben Ort anders an: über Eingaben nach § 13 VwVfG NRW in Verbindung mit Art. 20a GG an die Bezirksregierung Arnsberg. Diese Eingaben zwingen die Behörde, sich zur CO2-Senkenfunktion, zum Funktionsschutz von Boden und Biotopverbund und zur Verhältnismäßigkeit der geplanten Erdbewegungen zu verhalten. Sie erzeugen Aktenlage, Begründungsdruck und eine dokumentierte Lernspur für künftige Entscheidungen.
In Kurzform:
Der Fall zeigt, was mit der Implementierungslücke gemeint ist, also der Lücke zwischen dem, was Verfassungsrecht und Gerichtsurteile verlangen, und dem, was im Verwaltungsalltag tatsächlich geprüft und begründet wird. Die Systemische Rechtsentwicklung setzt genau dort an. Sie ersetzt Klimaklagen nicht, sondern schließt diese Implementierungslücke zwischen großen Urteilen und täglichem Verwaltungsvollzug im Fall Hambach sehr konkret. Klimaklagen schaffen die Rechtsprinzipien, die Systemische Rechtsentwicklung bringt sie in den Alltag der Verwaltung.